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er hat; dem, was er leisten sollte, und dem, was er jeweils vermag; dem, was er zu sein wünscht, und dem, was er wirklich ist. Das Austragen dieser Spannung, das immer neue Zusammenfassen in die Möglichkeit der Stunde - das ist Geduld. So kann man sagen, Geduld sei der werdende Mensch, der sich selbst richtig versteht. In der Hand der Geduld allein gedeiht auch der Mensch, der einem anvertraut ist. Ein Vater, eine Mutter, die nicht in diesem Sinne Geduld haben, werden den Kindern nur Schaden tun. Der Erzieher, der die Anvertrauten nicht in Geduld nimmt, wird sie erschrecken und ihnen die Aufrichtigkeit nehmen. Wo immer uns Leben in die Hand gegeben ist, kann die Arbeit an ihm nur gedeihen, wenn wir sie mit dieser tiefen, stillen Kraft tun. Sie hat eine Ähnlichkeit mit der Weise, wie das Leben selbst wächst. Als Kinder verfügten wir etwa über ein Gärtchen, oder auch nur über einen Blumentopf auf dem Fensterbrett und hatten Samen eingesät - war es da nicht schwer, sich in die Weise zu gewöhnen, wie das Wachstum in der Erde vor sich ging? Haben wir sie da nicht aufgegraben, um zu sehen, ob es vorangehe, und der Keim verdarb? Ging es uns nicht viel zu langsam, bis das zuerst so Unscheinbare heraufkam? Und als sich die Knospen bildeten, haben wir da nicht an ihnen herumgedrückt, daß sie aufgehen sollten? Statt dessen wurden sie aber braun und welkten. Die Kraft, in deren Hut anvertrautes Leben sich entfalten kann, ist die Geduld. An die Geduld des Mächtigen, in dessen Hut wir wachsen sollen, des Lebendigen Gottes, wollen wir uns immer wieder wenden. Wehe, wenn Er wie Shiwa wäre, der Ungeduldige und Törichte. Wenn Er nicht den langen, weisen Willen hätte, der die Welt, deren Er doch nicht bedarf, aber die Er liebt, in stiller Aufmerksamkeit hält und reifen läßt! Immer wieder wollen wir uns an Ihn wenden: »Herr, hab Geduld mit mir, und gib sie mir Selbst, damit das, was mir an Möglichkeiten zugemessen ist, in der kurzen Spanne meiner Lebenszeit, den paar Jahren, wachse und Frucht trage!« | ||
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