Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 14> 


Tief in der Seele drin soll es uns aufgehen, wer Er ist. So wie man einen Menschen recht lange Zeit hindurch gekannt hat, ohne sich weiter besonders um ihn zu kümmern. Aber irgendeinmal durch ein Gespräch oder irgendeinen Anlaß kommt er uns plötzlich nahe. Da ist uns, als sähen wir ihn erst jetzt richtig, er wird uns teuer, sein Wort haftet tief im Herzen. So soll es mit dem Heiland sein. So soll Er uns nahekommen, dann, glaubt es, dann erst wird es anders mit uns. Dann nehmen wir alles viel ernster, was Ihn angeht. Dann verstehen wir erst richtig, was Er uns gesagt hat. Dann geben wir uns erst Mühe, »Ihm nachzufolgen«, Ihm ähnlich zu werden, hinauszuschaffen aus Leben und Seele, was nicht nach Seinem Willen ist. Dann werden wir sicher in uns selbst und in Ihm. Dann wenden wir uns in der Freude und im Leid an Ihn und durch Ihn an Seinen Vater im Himmel. Dann tun wir unsere Arbeit und sind doch bei Ihm. Dann leben wir unter Menschen, die ganz anders denken, und bleiben Ihm doch treu.
Dann wird es klar in uns, fest, sicher, einheitlich. Und wir finden den Mut, jedes Opfer für Ihn zu bringen. Finden die Kraft, mit Ihm zusammen der ganzen Welt entgegenzutreten, und wäre sie auch noch so verworren, so gewalttätig, so maßlos hochmütig und so hilflos verzweifelt.
Ja, beten wir darum, immer wieder, jeden Tag, in guter und in böser Stimmung, in eifriger und in gleichgültiger.
Nehmen wir die Adventslieder und beten sie, jeden Tag eins. Aber mit ganzem sehnendem Herzen. Rufen wir zu Gott, wie es uns auf die Lippen kommt. Gehen wir auf einen Augenblick in die Kirche im Lauf des Tages und flehen zu Ihm empor. Seien wir wirklich »Menschen der Sehnsucht«, dann kommt Weihnachten auch für uns.
Denn wenn einer Bitte die Verheißung gegeben ist: »Bittet, und ihr werdet empfangen, klopfet an, und es wird euch aufgetan« [Mt 7,7] - dann ist es diese, die Bitte, daß der Herr zu uns kommen möge.



 < Seite 14>