Romano Guardini Online Konkordanz
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Menschen, die im Neujahrstrubel den Schritt über die Zeitgrenze tun, fürchten sich.
Aber warum? Weil sie dem wirklichen Enden nicht ins Auge sehen wollen. Und auch nicht dem wirklichen Anfangen. Echtes Enden würde verlangen, daß ein Abschluß geschähe. Irgendeine Art von Rückblick, von Prüfung und Wägung; irgendeine Art von Rechenschaft, vor dem Gewissen, vor Gott. Und echtes Anfangen würde mehr bedeuten als bloß die Spannung: Bald geht der Zeiger durch den Punkt; jetzt ist er drüber!" Es würde in irgendeinem Sinne ein Sich-Rüsten sein für das Neue; ein Sich(Bereitmachen für die kommenden Erprobungen, Aufgaben und Schicksale; ein Ausschauen nach dem, was den Weg zeigt, was stark macht und Mut gibt.
Ich weiß nicht, wo Du, mein mir unbekannter Leser, den letzten Sinn Deines Lebens findest. Ob Du, und das ist ja das Entscheidende, an Gott glaubst oder nicht. An den Gott, von dem gesagt ist, daß Er der Anfang sei und das Ende; von dem alles kommt und zu dem alles geht und der über alles richtet. Ich weiß nicht, wie Du hier denkst, und will Dir auch nichts einreden. Eines aber wird man wohl bei jedem voraussetzen dürfen: daß er fähig sei, über den Augenblick, in welchem ein Jahr endet und das neue beginnt, nicht nur im Trubel hinwegzugleiten, sondern inne zu halten und sich zu besinnen.
Dazu eine Handreichung zu geben, ist die Absicht dieser kleinen Meditation.



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