Romano Guardini Online Konkordanz
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oder auf Leuchtern standen, je nachdem es not tat. Da habe ich den großen, schön geformten Barockraum lebendig werden sehen. Und die Menschen standen darin so recht in einer sie umfangenden, ihr Ausstrahlen aufnehmenden Umwelt. Da wurde mir klar: jetzt, nachdem Gas und elektrisches Licht gekommen sind, erwacht das Feinste alter Bauten nicht mehr. Wie wird im lebendigen Licht der Raum lebendig! In einem Licht, das immer wieder mit der Finsternis kämpft; das warme Farbe in sich hat, und Bewegung in der wallenden Flamme. Darin ersteht der Raum immer wieder aufs Neue. Er hat Vorder- und Hintergründe. Die Kraft des Lichtes stuft sich ab von der ganz hellen Nähe der Flamme bis zu den dunkel bleibenden Höhen und Winkeln. Und wenn der Mensch hindurchschreitet, dann bewegen sich all diese Schichten und Ebenen, und man merkt, wie wenig der Bau etwas ist, das fertig steht, sondern etwas, das immerfort aufs Neue wird.
In allen Handwerken finden wir solche Urphänomene menschlicher, naturnaher Kultur. Beim Schmied - setze daneben die elektrisch getriebene Maschine unserer Fabriken. Beim Zimmermann und Maurer - unsere Häuser werden gegossen und gestampft. Beim Schreiner, der das Hausgerät macht, und beim Stellmacher, der den Wagen schafft - lies bei Ford nach, wie nun jede Fabrikabteilung einen Teil des Gerätes bis ins Hundertstel Millimeter gleich macht und in Unzahl von Stücken täglich.
Immer eine Sphäre geistgesättigter Kultur, und doch naturnahe. Darin ist der Mensch schaffendes Wesen, und steht doch Brust an Brust gegen Dinge und Kräfte der Natur. Er ist Mensch in einem ganz tiefen Sinn des Wortes. Diese Menschenkultur ist fast versunken. Wir haben nicht mehr den rollenden Wagen mit dem Tier, das ihn zieht, und mit all dem Lebendigen darin und darum her, sondern das Automobil. Der Arzt steht weithin nicht mehr in lebendiger Fühlung mit der

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