Romano Guardini Online Konkordanz
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ob der Christ sie in seine Verantwortung nimmt und für sie einsteht. Manchmal klingt ein Gedanke an, der etwa so sagt: Die Welt muß einmal untergehen; das menschliche Dasein ist auf jeden Fall in seiner Dauer begrenzt; so kommt es nur darauf an, daß der Mensch sich glaubend und betend und liebend Gott zuwende, und im übrigen die Welt den Weg gehen lasse, auf dem sie eben gehen muß. Das scheint fromm und weise; es ist aber doch eine tiefe Versuchung, die von jenen bösen Mächten ausgeht, welche die Welt Gott aus der Hand nehmen wollen. Die bisher empfundene Versuchung ging darauf, dem Menschen die Welt so schön und die Herrschaft über sie so verlockend erscheinen zu lassen, daß er darüber Gott vergaß; vielleicht treibt die neue den Menschen dazu, er solle, um sich religiös zu retten, die Welt preisgeben und sie dadurch der Herrschaft der Nichtglaubenden überantworten.
Trifft das zu, dann wird eine neue Aufgabe deutlich- das Werk Gottes zu retten. Es davor zu retten, daß die Macht des Menschen in die Hand der Hybris und Torheit komme und das Leben auf der Erde zerstöre. Der Mensch darf die sittliche Verpflichtung nicht nur so auffassen, daß er sagt: ich soll mich vor der Sünde hüten, sondern: ich soll dafür sorgen, daß es mit der Welt richtig werde. Ein ganzer Zusammenhang von Werten und Aufgaben wird von hier aus deutlich, der nur dann richtig angefaßt werden kann, wenn jeder verborgene Dualismus überwunden und klar geworden ist, daß Gott dem Menschen seine Welt anvertraut hat.
Es ist klar, daß auch dabei eine Gefahr entsteht: unter dem Deckmantel jener Verantwortung in einer neuen Weise »weltlich« zu sein. Aber immer hat ja das Dasein den Charakter gehabt, daß es zum Guten und zum Bösen geführt werden kann.



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