Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 68> 


weiß es, und hoffe es noch zu gewinnen. Es ist die selbstlose Treue. - Aber über die Dinge lieber mündlich. - Vieles von dem, was Du mir sagtest, könnte ich Dir zurückgeben. Du hast ja alles so reich, was mir fehlt. Ich kann Dir nicht sagen, wie arm ich mir neben Dir vorkomme, mit all meinem Begriffskram und der taschenspielerhaften Leichtigkeit des Denkens und Lebens. Findest Du das für so gut, daß man so rasch die Lösung von allem hat, und mit allem so bald fertig ist? -
Nun möchte ich Dich noch bitten, im Verkehr mit jener Freundin*134 doch recht vorsichtig zu sein. Nimm mir das nicht übel. Aber ich habe so manches mitangesehen und mitdurchgemacht, was einen hier scheu werden läßt. Viele Menschen sind so klein, daß sie eine jenseits des Allzumenschlichen liegende Beziehung überhaupt nicht verstehen. Und viele, manche sind auch schlecht und leichtfertig in ihrem Urteil. -
Endlich noch eins. Zur Zeit liegt über meiner Familie ein ganzer Knäuel der schwersten Sorgen.*135 Ich weiß nicht, was alles daraus werden kann und sehe gar keinen Ausweg. Bitte, denk daran, nicht wahr?
Nun viele Grüße und schreib bald wieder!
Dein Romano

134 Maria Theresia Knoepfler (20.9.1881, Wangen, bis 17.8.1927, Leutkirch), Müllers­tochter von der Aumühle in Wangen, ab Ende 1911 mit Weiger bekannt und befreundet, führte ihm ab 1917 den Haushalt in Mooshausen. Ungewöhnlich begabt, übersetzte sie ab 1912 neben der umfangreichen Arbeit viele Werke und Briefe John Henry Newmans (veröffentlicht: Mainz: Grünewald, u.a.), später Louis Duchesne, Origines du culte ­chrétien. Étude sur la liturgie latine avant Charlemagne, 1889 (dt. Übersetzung ist noch unveröffentlicht). In den folgenden Briefen erscheint sie als »Mütterchen« oder »Mütterlein«, meist abgekürzt »D M« = Dein Mütterlein. Guardini widmete ihr einen bewegenden Nachruf nach ihrem frühen Tod: »Maria Knoepfler zum Gedächtnis«; M 263. Vgl. Gerl, Begegnungen, 67-77; Knoll.
135 Vgl. Br. 11.

 < Seite 68>