Romano Guardini Online Konkordanz
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Das Semester soll bis zum 15. März dauern.
Ich hoffe, Du bist gut nach Neuhausen*1065 gekommen, Josef, und hast Deine Angelegenheiten gut regeln können.
Hier habe ich zwei Briefe aus Göttingen vorgefunden, die mir die dortige Professur sehr dringlich erscheinen lassen.*1066 Die Universität entwickelt sich sehr stark (5500 Studenten) und Nachrichten aus anderer Quelle sagen mir, daß das katholische Leben sehr rege ist, und dringend einer geistigen Formung bedarf. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Diese Ungewißheit ist sehr unangenehm.
Die so gewaltsam unterdrückte Grippe wurmt immer noch in mir herum. Zum Glück scheint es etwas wärmer - oder besser gesagt, weniger kalt zu werden! Will sehen, wie es sich an der Universität anläßt.
Hast Du Lust, Josef, Mitglied der Hölderlingesellschaft*1067 zu werden? Wäre vielleicht ganz gut.
Soviel für heute. Laßt es Euch gut gehen, und bleibt gesund, und denkt manchmal an
Euren Romano

Liebe Mina
Könntest Du die schweren Schuhe zum Schuhmacher schicken? Ich habe ja schon lang nichts mehr dort gehabt. Die Sohlen klaffen an verschiedenen Stellen und die Absätze sind, glaube ich, auch nicht mehr in Ordnung. Schönen Dank im Voraus.


1065 In Neuhausen an der Rot hatte Weigers älterer Bruder Max die Pfarrstelle; er starb schon 1945. Weiger hatte wohl den Nachlaß zu ordnen.
1066 Guardini hatte in den Monaten nach Kriegsende mehrere Anfragen für einen Weltanschauungs-Lehrstuhl, so aus Frankfurt, Bonn, Hamburg, Göttingen und Freiburg; dort ging es um eine Berufung zuerst auf den Konkordats-Lehrstuhl für Philosophie, dann um die Nachfolge von Martin Heidegger, was er entschieden ablehnte. (Gerner II, 112f.).
1067 Guardini wirkte 1946 mit bei der Neugründung der Hölderlin-Gesellschaft und wurde ihr stellvertretender Präsident. Er hatte am 8. Juli 1946 in der Stuttgarter Hölderlingesellschaft eine Rede zu halten: Form und Sinn der Landschaft in den Dichtungen Hölderlins; dann gedruckt: Tübingen/Stuttgart (Wunderlich) 1946 (M 640).

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