Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 44> 


Der Gehorsam, der Preis des Heils ist, wird so in letzter Folge Gehorsam gegen die innerweltliche, sichtbare Kirche. Und zwar ist diese nicht bloß eine pädagogische Hilfe zur Überwindung persönlicher Schwäche; der Gehorsam ihr gegenüber hat nicht den Charakter des Notbehelfs, sondern sie vertritt die in sich begründete, in sich selbst sinnvolle göttliche Hoheit, die Gehorsam verlangt, um eben ihrer eigenen Hoheit willen, auch abgesehen von jeder erzieherischen Bedeutung, die solcher Gehorsam haben mag.
Die wirkliche Kirche ist - man wird dies Hegelsche Wort hier nicht mißverstehen - »der präsente Gott«. Sie verlangt, als irdischer Ausdruck der göttlichen Hoheit - »Corpus Christi mysticum« - innerhalb ihrer Befugnis die gleiche Hingabe reinen Gehorsams, wie sie oben dargelegt wurde: »Wer euch hört, der hört mich.« *8
Daß der Gehorsam, der eigentlich dem überweltlich-unsichtbaren Gott gilt, nur einer äußerlich aus Menschen bestehenden Lebensgemeinschaft geleistet werden soll, gibt ihm allerdings auch seine äußerste Fühlbarkeit. Wenn man all die menschlichen (persönlichen, gesellschaftlichen, geschichtlichen usw.) Bedingtheiten einer solchen Einrichtung in Rechnung zieht, so ist es klar, daß der Wille zum Gehorsam hier wirklich seine höchste Belastungsprobe erfährt und, falls er ehrlich geleistet wird, eine tief eingreifende, wahrhaft entselbstende Wirkung ausüben muß. *9

*7 Damit ist natürlich die Kirche in ihrem übernatürlichen Ursprung und Inhalt nicht abgeleitet.

*8 Über die Grenzen dieser Befugnis, über das Recht der selbständigen Persönlichkeit der Autorität gegenüber wird in diesem Zusammenhang nicht gesprochen.

*9 Vgl. dazu des Verfassers Schrift »Vom Sinn der Kirche«, Mainz 1922 [Mainz/ Paderborn 1990].




 < Seite 44>