Romano Guardini Online Konkordanz
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135.
Brief vom 06.01.1930, Berlin-Charlottenburg.
Charlottenburg 6.1.30
Lieber Joseph
Gestern früh bin ich von Rothenfels zurückgekommen. Heute morgen brachte die Post Deinen lieben Brief. So verbinde ich meine Wünsche für Gottes Segen ins neue Jahr mit herzlichem Dank. Ich freue mich, daß die Knöpfe Dir gefallen.*924 Probiere sie aus; dann können wir sie im Notfall noch ändern lassen, wenn Du herkommst.
Dann danke ich Dir noch besonders von Herzen für den ersten Band der Newmanbriefe. Endlich ist er da, und hoffentlich kommt der andere bald nach.*925 Das ist ein schönes Denkmal, lebendig eingeformt in das Leben. Ich bereite mich innerlich auf Newman vor. Es wird schon stimmen, daß er der Heilige des 19. Jahrh.s ist, aber so wie es in die kommende Zeit schaut. Dann soll mir, wenn ich an ihn komme, Marias Arbeit eine liebe und kostbare Hilfe sein.
Ja, Deine Übersetzung hat Fr. K. viel Freude gemacht. Sie ist aber auch schön. Ich bin sehr gern damit einverstanden, daß wir zu ihrem 70. Geburtstag (14. Apr.) wieder etwas zusammen machen. Wie wärs, wenn Du den Philipperbrief übersetztest - und den Philemonbrief? Die beiden menschlich wärmsten? Ich würde dann einen Beitrag über die Gestalt des Glaubens im Neuen Testament beisteuern.*926
Gerta Krabbel sagte, Du denkest an eine Erklärung des Jakobusbriefes für die Chr. Frau.*927 Vielleicht könntest Du dafür auch Phil.*928 nehmen, damit Einheit ist? Überlege Dirs; aber dann fang bald an, weil die Zeit nicht allzulang ist bis dahin.
Auf der Burg hatten wir eine philosophische Tagung (3 Tage) über die Existentialphilosophie, vor allem M. Heideggers.*929 Sehr bedeutungsvoll
924 Vgl. den vorangehenden Br. 134.
925 Der 1. Band erschien 1929, der 2. 1931.
926 Der Glaube im Neuen Testament, in: SchG 10 (1930), 394-407; 481- 498 (M 313).
927 Die christliche Frau, Zs. des KDFB, hg. von Gerta Krabbel; Weigers Aufsatz ist nicht erschienen.
928 Philipperbrief von Paulus.
929 An Silvester 1929/30 hatte Guardini nach Burg Rothenfels am Main einen kleinen philosophischen Kreis einlgeladen, um Kierkegaards Philosophische Brocken, Bubers Ich und Du, Mannheims Ideologie und Utopie, Fritz Heinemanns Neue Wege der Philosophie und Heideggers Sein und Zeit zu besprechen. An der Tagung nahm neben Heinemann selbst auch Gustav Siewerth teil, insgesamt 15 Personen.

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