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Bis wir endlich zum „Buch“ einfachhin kommen, der Bibel. Sie ist die Sammlung der heiligen Schriften, der „biblia“; die Aufzeichnung, aus welcher die Offenbarung als Wort Gottes immer neu zum Menschen redet. Zu jedem Menschen, denn sie ist wohl zu bestimmten Zeiten geschrieben, kommt aber aus der Ewigkeit und ist von dorther jeder Stunde gleichzeitig. Darüber, was dieses Buch im Leben des Menschen bedeuten kann; nicht nur in seinen einzelnen Inhalten, sondern als Ganzes, als Kanon der heiligen Worte; als Band, den man im Hause hat und bei sich trägt, zur Hand nimmt und aufschlägt – richtiger gesagt, der bei einem ist, leibhaftig gegenwärtig und geheimnisvoll enthoben zugleich; in der jeweiligen Stunde des Lebens anwesend und in sie hineinsprechend, wenn sie bereit ist, sein Sprechen aufzunehmen – darüber wäre viel zu sagen. Ich möchte aber nur ein Geschehnis berichten, von dem ich seinerzeit erfahren habe. In einer der großen Schlachten des letzten Krieges befand sich eine Abteilung in verlorener Situation. Der Feldgeistliche war dabei und, fühlend, daß er nichts zu sagen habe, was in dieser Stunde angenommen werden könne, zog er sein Neues Testament aus der Tasche, zerriß es, und gab jedem der Männer ein Blatt. Vor dem Buche stehen wir als vor einer Urgestalt. In ihm faßt sich das Dasein zusammen. Seine Fruchtbarkeit, aber auch seine Gefahr. Denn wenn das Buch uns beschenken, uns trösten und stärken kann – wie tief kann es auch beunruhigen, irreführen und zerstören! Dabei aber wollen wir nicht verweilen, denn es war ja unsere Absicht, das Lob des Buches zu sprechen und nicht, es anzuklagen. | ||
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