Romano Guardini Online Konkordanz
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der Regierung - also Gerechtigkeit werde! Und nehmen wir selbst an, in alledem geschehe wirklich ein Schritt nach vorwärts - wird damit das Furchtbare, wodurch es herbeigeführt wurde, weggetan, zu Null gemacht? Oder ist es im Zusammenhang des Lebens noch da und vergiftet das Erreichte?
So viel ist einer des Menschennamens wert, als der sich da, wo er steht, um die Gerechtigkeit bemüht; aber im Ganzen, als das, was sie sein sollte, als Zustand des Daseins und Haltung der Menschheit, wird sie offenbar nie erreicht. Und hier darf uns der heute zum Dogma gewordene Gedanke des »Fortschritts« - gar der einer Entwicklung des Menschen über sich selbst hinaus zu immer höheren Stufen - nicht irre machen. Persönliche Erfahrung wie Geschichte reden anders. Auf dem Grunde des Menschen wirkt eine Verwirrung, die in jedem Geborenen neu zur Geltung kommt.
Erst von Gott her wird wirkliche und volle Gerechtigkeit werden, durch das Gericht. Wir sollten uns die Offenbarung, daß dieses Gericht über alles Menschliche ergehen wird, sehr nahekommen lassen. Das Erste, was jeder denken soll, wenn er ans Gericht denkt, lautet: Es wird Gericht sein über mich! Dann aber auch über alle jene Formen und Größen des Menschlichen, vor denen wir so leicht das Gefühl bekommen, sie seien souveräne, keiner Prüfung unterworfene Mächte: den Staat, die Kultur, die Geschichte.
Das Gericht gehört zu allem Sein und Tun hinzu. Es ist Gottes Urteil über jede endliche Wirklichkeit. Ohne es hängt alles mit halbem Sinn im Leeren. Gott erst bestimmt es - Er, der alles durchschaut, nichts fürchtend, durch nichts gebunden, gerecht in ewiger Wahrheit. Wer nicht an Ihn glaubt, dem wird jener Hunger und Durst nie gestillt.




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