Romano Guardini Online Konkordanz
Treffernummer:

 < Seite 29> 


In der Welt ist die Wahrheit schwach. Eine Kleinigkeit genügt, um sie zu verdecken. Der dümmste Mensch kann sie angreifen. Aber einmal kommt die Stunde, da ändern sich die Dinge. Da wirkt Gott, daß die Wahrheit so viel Macht bekommt, als sie wahr ist, und das wird das Gericht sein. »Gericht« bedeutet, daß die Möglichkeit zu lügen aufhört, wei1 die Wahrheit allmächtig jeden Geist durchdringt; weil sie jedes Wort durchleuchtet; weil sie herrschend im Raum steht.
Dann werden die Lügen als das offenbar, was sie sind, auch wenn sie noch so zweckmäßig waren, noch so gescheit, noch
so geschmackvoll - enthüllt als ein Schein, als ein Nichts.
Lassen wir uns diese Gedanken durch den Kopf gehen - nein, durch den Sinn, durch das Herz. Vielleicht berührt uns dann das Gefühl dafür, was Wahrheit ist: das Unverrückbare in ihr, das stille Licht, die Hoheit. Dann wollen wir uns ihr verbinden, mit dem Innersten und Treuesten in uns. Wollen Verantwortung für sie übernehmen und uns um sie mühen. Das alles wird Widerstände erfahren, Krisen, dafür sind wir Menschen. Aber in unserem Leben muß stehen, daß die Wahrheit der Grund von allem ist: vom Verhältnis des Menschen zum Menschen; des Menschen zu sich selbst; des Einzelnen zur Allgemeinheit - und vor allem zu Gott, nein, Gottes zu uns.




 < Seite 29>