![]() | Treffernummer: |
| < | Seite 212 | > |
wirst Du kaum vertragen. Nimm die Delphica und Michelangelos Liebling, den Jeremias. Für Rembrandt rate ich nur zu ganz guten Photographien. Du müßtest mir ein Bild nennen, das Dir gefällt, und dann wäre zu versuchen, wo man es bekommt. Ich habe wohl verstanden, daß Dir die Frage der Ausdrucksmöglichkeit nähergeht. So wie mir die nach den Möglichkeiten des Empfindens. Nicht sagen können, was drinnen ist, mag ebenso schwer sein, wie in der Öde leerer Formen stehen. Nur scheint mir der erstere Fall weniger hoffnungslos. Wenn ein Inneres da ist, wirds sich den Ausdruck schon schaffen. Es wird Dir wohl nicht gegeben sein, für eine deutliche Einsicht und ein klar empfundenes Gefühl immer ohne weiteres entsprechend Wortausdruck in allgemeinverständlicher Sprache zu haben. Voller Ausdruck wird bei Dir immer ein inneres Ausreifen und unerzwingbares Hervortreten voraussetzen. Damit ist sofort auch gesagt, daß es nicht immer für jedermann verständlich ist, sondern stets auch höhere Ansprüche stellt. Es müßte denn sein, daß es Dir durch glückliche Fügung gelingt, etwas hinzustellen, das ganz tief hervorkommt und doch durchaus durchsichtig geworden ist. (Parabeln, ... der Stil der Märchen ...) Aber das sind Glücksgeschenke. Im allgemeinen wird Dein Schaffen wohl immer etwas unzugänglicher sein, als etwa meines. So etwas von Caspars Art. Das ist keine Beschränktheit, sondern nur eine bestimmte Eigenart der Ausdrucksform. Du könntest also nichts Unbegründeteres tun, als »an deiner Mitteilungsfähigkeit verzweifeln«. O nein; nur wird sie immer einen länger währenden Prozeß innerer Klärung voraussetzen und sich nicht an jedermann wenden, sondern gewisse Anforderungen stellen. - Und dann will es mir scheinen, als ob Deine Art weniger dahingehe, längere homogene, in gleichmäßigem Gedankenfortschritt entwickelte Auseinandersetzungen zu geben. Du drängst mehr auf den komprimierten Einzelsatz und Deine Aufsätze lösen sich in Gruppen solcher Sätze auf. (Nebenbei gesagt, ist das die Art Saitschicks.) Vielleicht liegen hier gewisse Fingerzeige für Deine Produktion. Nur schreiben, wenn eine klare innere Anschauung dasteht, - eine reine Stimmung vorhanden ist. Andererseits es nicht vorübergehen lassen, wenn eine solche Stunde da ist. Und dann mit aller Kraft auf klaren und zugleich konzentrierten Ausdruck dringen. Wie wäre es, wenn Du dabei diktiertest? Rate Dir sehr dazu. D. M. kanns ja nachstenographieren, und Du feilst es später aus. Aber nicht verzichten. Hast keinen Anlaß dazu! Auch rate ich Dir, einmal moderne, bedeutende Schriftsteller zu | ||
| < | Seite 212 | > |