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Zum Begriff des Befehls und des Gehorsams [1916] Die in Heft 9 des »Pharus« veröffentlichte Arbeit über den »religiösen Gehorsam« beschäftigte sich mit dem Problem des Gehorsams unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkt. Er wurde als Hingabe an eine außerhalb der eigenen Persönlichkeit liegende Instanz gefaßt. Doch wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, daß dieser pädagogisch so bedeutungsvolle Begriff einer genaueren Erörterung bedürfe. Sie soll in vorliegender Arbeit versucht werden. Und zwar handelt es sich hier nicht um die psychologische oder soziologische Seite des Gehorsams, sondern um seinen ethischen Sinn, d.h. um das Verhältnis der Gehorsamshandlung zu den Gegebenheiten der sittlichen Idee und des wirklichen Lebens. I. Damit eine Handlung als ethisch angesprochen werden könne, muß sie von einer freibewußten Persönlichkeit getragen sein. Man sagt wohl, das Schiff »gehorche« dem Steuer; der Arm »gehorche« dem Willen; das Pferd »gehorche« dem Reiter usw. Aber hier ist der Begriff in weiterem Sinne gebraucht. Er bedeutet lediglich das zwangsweise Bestimmtwerden einer physikalischen oder biologischen Kraft beziehungsweise Masse durch eine überlegene Größe. Ebenso reden wir nur in übertragener Weise von Gehorsam angesichts der Lenksamkeit eines Hypnotisierten. Es liegt psychischer Zwang vor. Von Gehorsam im sittlichen, eigentlichen Sinn kann nur gesprochen werden, sobald es sich um die Tat einer freibewußten Persönlichkeit handelt. II. Soviel über das Subjekt des Gehorsams. Verwickelter ist die Frage nach seinem Gegenstand. | ||
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