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dann umkreist es ihn, und allmählich entfaltet es sich. Ich kann nicht sagen, daß ich es bin, der es tut, sondern es tut sich selbst. Aber der Dienst an diesem Geschehen, das Umgreifen, Hüten, Darauf-Achten und zugleich Nicht-Beirren ist ebenso anstrengend wie eine eigene Aktivität. Alles muß durch die innere Geburtsmitte gehen. Nichts kann von außen her angestückt werden. So bildet sich sofort Gestalt, die dann immer reifer und reicher wird. Trotzdem ist es nicht ein Kunstwerk, was da entsteht, sondern Einsicht, Wahrheit; Wiedergeburt des von selbst Seienden als Erkanntes; Gestalt, aus Wahrheit gebildet. Für die ganze Ethik, die sich nun schon ins siebente Semester erstreckt, habe ich kein Buch aufgemacht. Ich könnte es gar nicht. Es würde den Vorgang beirren und Aufgaben ganz anderer Art stellen. Nun versuche ich, als letzten Teil des Ganzen, die Ethik des christlichen Daseins zu zeichnen. Der Zusammenhang wird immer klarer. Wieder als lebendige Gestalt, aus dem Offenbarungsgeschehen, der heiligen Geschichte heraus. Christliche Sittlichkeit als ein Angerufensein durch den heiligen Gott und sein Mittun mit seinem Handeln. Isola, Montag d. 12. Okt. 53 Wir waren in Verona, ich habe mir bei Crivellini einen Anzug bestellt. Dann sind wir herumgelaufen, und ich habe wieder gefühlt, wie viel näher mir die Stadt ist als Mailand. Ich bin eben doch nicht umsonst in der Via Leoncino geboren, die an der Arena vorbeiführt. Auf dem Rückweg sind wir nach Colognola di Colli gefahren und haben die Villa der Großeltern mütterlicherseits aufgesucht. Man ließ uns in den Garten eintreten – die Besitzer waren gerade abwesend –, und alles war nicht viel anders, als es gewesen, wie wir als Kinder bei den Großeltern zu Besuch waren. Nur daß doch über fünfzig Jahre vergangen waren – | ||
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