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und zum Teil welche Jahre! ... Ich mag keine Erinnerungen. Was vorbei ist, ist für mich sehr vorbei; ganz abgesehen davon, daß auf dem Grund aller Erinnerung das Gefühl liegt: Du hättest dein Leben besser verwenden sollen; das kurze Leben, das jetzt, auch wenn es »lang« werden sollte, doch am Ausrinnen ist. Wie verkehrt sind alle Dinge ... Zuhause fand ich ein Telegramm der Akademie der Schönen Künste, das anfragt, ob die Vortragsreihe schon acht Tage früher beginnen könne. Das bedeutet, daß ich mehr arbeiten muß. Isola, Mittwoch 14.10.53 Ich lese wieder Thomas Manns »Lotte in Weimar«. Das Buch ist unglaublich gekonnt – obwohl das Kapitel mit der Erzählung der Adele Schopenhauer unverhältnismäßig lang, auch in der Darstellungsart monoton ist. Die Psychologie ist subtil und scharf; und die Entschiedenheit, mit welcher die unerfreulichen oder doch kümmerlichen Seiten Goethes genannt werden, hat etwas sehr Erfrischendes. Durch das Ganze zieht sich aber eine schlimme Gnosis; d.h. eine Technik, das wesenhaft Verschiedene durch die Analogien und Parallelen so in eins zu schieben, daß keine Unterscheidung und damit kein Charakter mehr bleibt. Hier bin ich immer auf der Suche nach dem alten Italien – wahrscheinlich dem meiner Kindheit –, in welchem es noch kein Eisenbeton, keine Motore und keine Lautsprecher gab. Aber es verschwindet überall. Und wo die Bauten noch da sind, sind doch die Menschen anders. Isola, Freitag 16.10.53 Schlimme Regengüsse heute. Ein Wolkenbruch, der über eine Stunde gedauert hat und dann immer noch weiter, wenn auch | ||
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