![]() | Treffernummer: |
< | Seite 164 | > |
»Lex orandi« Gedanken über die Liturgie [1919] Die natürlichen Grundlagen der Liturgie Alles Leben hat eine Innerlichkeit; es quillt aus sich selbst und gründet in sich. Aber alles Leben will sich auch offenbaren. Es kann nicht in seinem eigenen Innern eingeschlossen bleiben, es muß aus sich selber hervortreten, sich aussprechen, muß sich eine äußere Welt aufbauen, in der es wohnen kann. So tut jedes Leben, so tut auch das religiöse. Denn Religion ist Leben, ist lebendiges Hingewendetsein des Menschen zum lebendigen Gott. Ursprung und Ausgang hat es von Innen her, von dort, wo die Seele sich Gott gegenüber weiß. Das alte Wort des Abtes Sabbas: »Gott und meine Seele, sonst gibt es nichts auf der Welt« - gilt für jeden Menschen. Aber dabei kann es nicht bleiben. Was drinnen gedacht wird, geglaubt, gefühlt, gewollt und gehofft, das drängt heraus. Der innere Reichtum gibt sich kund im religiösen Wort; das Gewollte und Erlebte wird zur offenen Tat. »Alles Verborgene muß offenbar werden« - das ist ein Grundgesetz schon des natürlichen Seelenlebens. Erst in solcher Selbstaussprache wird die Seele frei, wird sich über sich selber klar und ihrer mächtig. So drängt alles religiöse Innenleben nach Tätigkeit. Es will sich in Selbstzucht bewähren, in Nächstenliebe fruchtbar werden, will mit anderen Fühlung gewinnen, religiöse Gemeinschaft und religiöse Ordnung schaffen. Das ist tätiges Leben: »Vita activa«. Zugleich braucht aber die Seele noch eine andere Form des religiösen Lebens. Die äußere Tätigkeit zerstreut; sie ist auf Gott gerichtet, macht aber Umwege über die Geschöpfe, um zu ihm zu kommen. Die Seele will aber auch gesammelt bleiben, | ||
< | Seite 164 | > |