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3.) Dann teile mir mit, ob Du meinen letzten Brief bekommen hast, den ich nach Wangen schrieb. (Ich sprach darin über das »Vertrauen Gottes in den Menschen« ...*195) Deswegen frage ich, weil er vielleicht schon in Deiner Abwesenheit ankam. Herzlichsten Gruß! Romano. 25. Brief vom 22.05.1913, Freiburg. 22.V.13. Lieber Josef! Fronleichnam Nachmittag! Endlich komme ich zum Schreiben. Ich bin wieder im alten Geleise, aber noch klingt fortwährend das nach, was ich in W. erfahren habe. Bei Dir geht mir die Welt auf, die mir sonst fast verschlossen ist. All das was mir fehlt, lebt in Dir und um Dich umher. Das starke, ungebrochene Leben, mit seinen Kräften, Fragen, Leiden und seinem Reichtum, das hast Du. Wenn Du wüßtest, wie reich Du bist! Du hast zur Religion und zu den Fragen des Menschenlebens einen Zugang, der Dich mitten in ihr Herz führt. Aber das ist das Wundervolle, das Priesterliche in Dir, daß Du es auch anderen vermitteln kannst. Ich weiß einen Menschen, der auch so wurzeltief im Leben steht - aber er kann, was er besitzt und erkennt, nicht weitergeben - wenigstens jetzt noch nicht.*196 Aber bei Dir ist alles zugleich Organ, das weitergibt was in Dir ist. Nimm's nicht übel daß ich so rede; ich suche mir klarzuwerden, was es ist, was mir jede Stunde bei Dir so fruchtbar macht - und daß ich ein arger Analysierer bin, weißt Du ja. Ich weiß recht wohl, daß diese »Lebensmasse« auch zerstörend und lähmend auf andere wirken könnte. Aber - wo Du das gelernt hast, weiß ich nicht - bei Dir tritt sie nur gebändigt, geklärt, und in ruhiger Kraft hervor, macht den anderen reicher und freier. Mir wenigstens geht es so, 195 Br. 23. 196 Anspielung auf ihn selbst. | ||
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