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Der Ausgangspunkt der Denkbewegung Sören Kierkegaards I. Sören Kierkegaard hat von 1813 bis 1855 gelebt. Sein Werk, seine lange Reihe von Schriften sehr verschiedener Art, staunenswürdig durch die Fülle der Gedanken, durch die Tiefe der Problemstellung und durch die Gewalt der tragenden geistigen Leidenschaft, hat er in der kurzen Spanne Zeit von 1843 bis zu seinem Tode geschaffen. Die Einfallsstelle seiner Wirksamkeit liegt im Religiösen. Und zwar handelt es sich dabei nicht nur um theologische und philosophische Gedanken, sondern vor allem um eine lebendige Haltung. Wer zu seinen Schriften greift, um diesen großen Impuls an der Quelle zu fassen, findet keine leichte Aufgabe. Wohl selten ist eine Persönlichkeit komplizierter gewesen als die seine. Die seelischen Situationen sind verwickelt, die Motive vielfach hinterbaut, zahlreiche und schroffe Gegensätze zusammengespannt, und das Ganze steht unter einem ungeheuren inneren Druck. Die Probleme sind in ihrem Ansatz oft so ineinandergewoben, das eigentlich Gemeinte so tief hinter Deckformen verkleidet, eine Schrift derart auf die andere berechnet und alles so auf wachste dialektische Gesamtauffassung hin angelegt, daß der Lesende sich zu verlieren droht. Dazu die besondere Arbeitsweise Kierkegaards. Tiefes philosophisches und theologisches Denken, Kritik, und Spekulation, dichterische Darstellung, psychologische Analyse, lebendige religiöse Anrede, Satire und Angriff und stets erneute Selbstwiedergabe - alles das in eins gewoben. Das Verständnis aber seines Denkens macht er davon abhängig, daß der Leser nicht nur "lese", sondern in bestimmter Weise lebe. So ist es wohl gerechtfertigt, nach einem Punkt zu suchen, von dem aus dieses vielverschlungene Ganze erfaßt werden könne. | ||
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