Romano Guardini Online Konkordanz
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22.
Brief vom 20.03.1913, Freiburg.
(auch 21.03.1913)

Freiburg d. 20/21 III 13.*178
Lieber Josef!
Gestern hatte ich von Deinem Mütterchen das Telegramm erhalten, das mir die gute Nachricht brachte.*179 Als ich heute Deinen Brief fand, ward mir ganz bange, und ich gestehe, daß ich mich erst innerlich zusammen nahm, ehe ich ihn öffnete, denn mir fuhren allerlei böse Befürchtungen durch den Kopf. Aber wie ich mich gefreut habe, als ich ihn las! Und wie oft ich ihn schon gelesen habe! Alles verstehe ich zwar nicht, ebenso wie in dem Deines Mütterleins vom 13., aber die Hauptsache verstehe ich, und die ist herrlich. Und ich bin stolz darauf, daß ich so sehr Dein und ihr Vertrauen habe. Du darfst sicher sein, daß ich es wohl hüte.
Ich denke daran, was Du mir auf der kleinen Terrasse von Zeil über Deine Ostergedanken sagtest; das wird dies Jahr aber ein Osterfest sein, wie? Wie freue ich mich mit euch! -
Mir kommts aus all dem wie eine starke, frohe Verheißung heraus, wie eine Aufforderung, nun alles, aber auch alles aus dem Leben hinauszu­fegen, was müde und düster und krank ist. Eine große Mahnung an euch beide, Dich und Dein Mütterchen, nun gesund zu werden, und zu bleiben, an Leib und Seele. Sicherlich hört Ihr sie, und ich kann mir denken, daß die Freude schon ihre Heilkraft geübt hat, - wenn auch vielleicht eine gewisse Erschöpfung nach all den bösen Tagen kommt. O, ich bin so froh, daß wieder einmal die Hoffnung Recht behalten hat!
Die Bilder sind angekommen.*180 Sie sind sehr schön! Ich sehe noch nicht recht, wie mans machen soll. Sollten denn 2 davon in der Aumühle*181 hängen? Dann wird man die Maße nicht so groß nehmen dürfen -, vielleicht gar ohne Rand, denn die Wandflächen sind doch ziemlich klein. Sieh Dich einmal um, wo sie hinkommen sollen. Leider sind heute, Charfreitag, die Läden geschlossen, und morgen muß ich fort! Aber ich
178 20.3.1913 = Gründonnerstag; 21.3.1913 = Karfreitag.
179 Nicht bekannter Inhalt. »Mütterchen« oder »Mütterlein« ist immer Maria Knoepfler.
180 Vgl. Br. 23; die Bilder könnten Porträts von Fugel sein, vgl. Br. 21.
181 Besitz der Familie Knöpfler.

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