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Jean-Pierre de Caussade. Ewigkeit im Augenblick
Einführung
[1951]

Die Gedanken von Jean-Pierre de Caussade – aus dessen Buch „De l’abandon à la Providence divine“ in diesem Bändchen ein Stück in Übersetzung gegeben ist – haben eine wunderbare Eigenschaft: die der Einfachheit. Ein Gedanke ist einfach, wenn er so rein aus der Tiefe des Geistes kommt und so genau in die Wesensmitte des Gegenstandes trifft, daß er dessen ganze Fülle durchsichtig macht. Das Ergebnis erscheint leicht als etwas Selbstverständliches; diese Selbstverständlichkeit setzt aber voraus, daß die Probleme gesehen und bezwungen seien. Wo immer ein solcher Gedanke wirksam wird, bringt er das Leben in Bewegung. Die Idee bekommt Macht; die Wirklichkeit wird deutlich; die Kräfte der Seele gehorchen, und der Stoff des Daseins fügt sich der Lenkung. Von dieser Art ist der Gedanke, den Jean-Pierre de Caussade entwickelt. Die zwei Bände seines Werkes sagen im Grund immer das gleiche; da es aber wahrhaft einfach ist, bleibt es stets neu.
Ein solcher Gedanke geht dem offenen Geiste ebenso leicht ein wie dem bereiten Herzen. Sobald ihn aber der Verstand nach seiner Weise zu durchdringen versucht, merkt er, was es mit dieser Einfachheit auf sich hat.
Jede Einsicht weist auf Vorausgehendes zurück, zieht Folgendes nach sich, und immer ruht eins auf dem andern. Eine Bemerkung zu Caussades Gedanken wird sich nicht in Unabsehliches einlassen. Nachdem sie den Leser daran erinnert hat, er dürfe die echte Einfachheit nicht mit Allerweltsgerede verwechseln, kann sie höchstens noch den Versuch machen, sie aufzubrechen, damit etwas von ihrer Fülle deutlich wird. Eine Entfaltung des Caussadeschen Gedankens müßte zur Theorie

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