Romano Guardini Online Konkordanz
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Vom liturgischen Mysterium

Der erste Teil dieser Schrift *1 hat vom liturgischen Akt gesprochen. Genauer: von seiner empirischen Struktur; von der lebendigen menschlichen Haltung, die ihn trägt; von den Aufgaben, die er der Bildung stellt; das alles bezogen auf den Zusammenhang des Zeitganzen. Das Ergebnis war zuerst: es ist ein Akt des Menschen, seiner lebendigen Einheit von Leib und Seele. Aus dieser menschlichen Grundlage wuchs das Symbolverhalten heraus, schaffend und empfangend: der Ausdruck des Geistigen im Körperlichen, des Innen im Außen. In diesem Grundverhältnis erschienen dann die Dinge, die Umwelt, das Weltganze hereingezogen, Symbolkraft und Reichweite des geistig-körperlichen Ausdrucks ausdehnend und bereichernd. Von da wandte sich die Untersuchung zum Träger dieses liturgischen Verhaltens, und fand ihn nicht im Einzelnen, sondern in der geformten Gemeinschaft, der Kirche. Der Einzelne ist in sie hineingestellt als ihr Glied. Endlich wurde ein Moment ins Auge gefaßt, das besonders wichtig schien: das Objektive. Es wurde klar, daß wir den ganzen liturgischen Akt, den Akt des Ausdrucks von Geistigem in Körperlichem, von Innerem im Äußeren, bisher noch zu einseitig gefaßt hatten. Er erschöpft sich nicht im Vorgang des "Ausdrückens". Als solcher stiege er nur vom Inneren herauf, käme nur vom Subjekt her. Der Akt ist vielmehr von zwei Polen her gebaut, vom Subjekt und vom Objekt. Das Objektive spricht als in sich stehende und maßgebende Wirklichkeit in den Ausdrucksvorgang hinein, verlangt gehört, gesehen, bejaht und ausgewirkt zu werden. - Das Nachwort endlich des ersten Teils der Schrift machte darauf aufmerksam, wie alles Gesagte nur als Moment in einem größeren
*1 [Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in: Die Schildgenossen, 5. Jahr, S.385414. Da die in ihm behandelten Probleme nichts an Aktualität verloren haben, wird er hier - in leicht überarbeiteter Fassung - erneut vorgelegt (A.d.H.).]

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