Romano Guardini Online Konkordanz
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Der untreue Verwalter *41

In der Heiligen Schrift gibt es Stellen, vor denen wir immer wieder ein Befremden fühlen. Wir versuchen wohl das Widerstehende wegzuschaffen, indem wir die Worte bildlich, oder in weiterem Sinne nehmen, oder wie immer. Allein wir merken bald, daß es so nicht geht, und das Befremden bleibt. Wirklich fertig werden wir damit erst, wenn wir - was überhaupt die Voraussetzung alles echten Verständnisses der Schrift ist - den Text genauso nehmen, wie er dasteht, von unserem persönlichsten Dasein aus die Beziehung zu ihm suchen.
Zu solchen Stellen gehört die Geschichte vom untreuen Verwalter. Lukas 16,1-9 heißt es:
Er sagte dann noch zu Seinen Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter. Über diesen wurde ihm hinterbracht, er veruntreue ihm sein Vermögen. Da ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: »Was muß ich da von dir hören? Lege Rechnung ab von deiner Verwaltung, denn du kannst nicht länger mein Verwalter sein.« Da dachte der Verwalter bei sich: »Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung abnimmt? Graben kann ich doch nicht; zu betteln schäme ich mich. Aber ich weiß schon, was ich tue, damit die Leute, wenn ich von meinem Amt abgesetzt bin, mich in ihre Häuser aufnehmen!« Er ließ also die Schuldner seines Herrn alle einzeln zu sich kommen und fragte den ersten: »Wieviel bist du meinem Herrn schuldig?« Der antwortete: »Hundert Faß Öl.« Da sagte er zu ihm: »Nimm deinen Pachtvertrag zurück, setze dich und schreibe schnell einen neuen mit fünfzig.« Darauf fragte er einen andern: »Wieviel bist du schuldig?« Der antwortete: »Hundert Zentner Weizen.« Er sagte zu ihm: »Nimm hier deinen Pachtvertrag und schreibe statt dessen achtzig.« Und der Herr lobte den unehrlichen Verwalter, weil er klug gehandelt habe; denn die Kinder dieser Welt sind im Verkehr mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. Auch Ich sage euch:

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