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Ersteht aber eine solche ganz in sich selbst wurzelnde deutsche Kultur (in der neudeutschen Jugendbewegung z.B. seh ich sie wachsen*520; Du machst Dir von ihrer Kraft und Zielbewußtheit keinen Begriff!) - was dann? Dann gibts bei uns eine Desorientierung, eine geistige Ratlosigkeit, eine Abgeschiedenheit vom Leben der Nation, wie wir noch keine erlebt haben. Und dann, dazu oder daraus, jene »Reaktion« von der Du schreibst. - Andererseits kann ich gar nicht pessimistisch werden. Ich spür's ja an allen Orten sich regen von gutem Leben. Neulich sprach ich mit einem guten, trefflichen Mann, der den Mut verlieren wollte. »Du«, sagt ich ihm, »laß sie, die Zukunft gehört uns* doch!« Denn wir haben recht, und in uns ist das junge, zukunftvolle Leben. Meinst Du nicht, Lieber? Auch Karl denkt so, und ist von einer wahrhaft erquickenden Kaltblütigkeit. Weißt Du, solch ein Juristenblut ist für unsereinen mit seiner Phantasie ein wahrer Segen! Ich sag so leicht nichts mehr gegen das Jus! Damit meinte ich uns, die Jungen. [Fehlender Schluß] 63. Brief vom 20.07.1916, Mainz. Lieber Josef ich sitze zu Hause, in meinem Dachstübchen, das Du ja nun aus eigener Anschauung kennst. Seit acht Tagen bereits, bis nächsten Samstag. Es war recht gut, zumal jetzt, wo wieder bedrohliche Wolken am südlichen Himmel aufziehen. Zusammen spricht sich derlei besser zurecht. - Auch erhole ich mich hier ganz gut, schlafe wie ein Ratz und das ist zurzeit meine billigste Arznei. - Grad habe ich einen Aufsatz vor, der Dich sicher interessieren wird: Was die Liturgie über die Vorbedingungen für ein gesundes und fruchtbares 520 Vgl. die spätere kritische Stellungnahme Guardinis zur freideutschen Jugend: Neue Jugend und katholischer Geist, Mainz (Grünewald) 1920 (M 38), sowie grundsätzlich seine Aufsätze zum Sinn des Gehorchens und der Freiheit (M 6, 12, 13, 48, 55, 56). | ||
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