Romano Guardini Online Konkordanz
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Der Friede und der Dialog
1. Erlauben Sie mir, zu sagen, daß die Zuerkennung des Friedenspreises *1 mich zuerst überraschte, denn ich habe, außer bei einzelnen Gelegenheiten, über das Problem des Friedens nichts geschrieben. Dann aber fühlte ich doch durch diese Verleihung ein Motiv berührt, das meine Arbeit bestimmt hat.
Immer hat mich nämlich das Problem beschäftigt, wie derart unterschiedliche Stellungnahmen der Menschen zu den Fragen des Daseins entstehen können - und ob es nicht möglich sei, dieser Verschiedenheit eine aufbauende Kraft abzugewinnen. Aus solchen Überlegungen ist seinerzeit mein Buch über den »Gegensatz« *2 hervorgegangen, und sie sind auch für meine übrigen Schriften wichtig geworden.
So ist es mir eine große Freude, dieses Anliegen bestätigt zu sehen.
2. Und nun darf ich wohl einen Gedanken aufnehmen, der im Gesagten bereits berührt ist.
Wir fühlen, wir sehr das Problem von Krieg und Frieden uns ans Leben dringt. Und nicht nur als eines offenen Ausbruchs von Gewalt; sondern die Wurzeln des Krieges gehen ja viel tiefer hinab. Der äußere Krieg kann nur entstehen, weil der innere da ist. Worin besteht aber dieser?
Darin, daß in einem begrenzten Bereich verschiedene Initiativen wirksam sind; und nicht nur verschiedene, sondern einander widersprechende. Wie kann aber dergleichen sein?

*1 Eine Rede, die der Verfasser bei Gelegenheit der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1952 in der Paulskirche zu Frankfurt gehalten hat.
*2 »Der Gegensatz. Versuche zu einer Philosophie des Lebendig-Konkreten«, Mainz 2. Aufl. 1955 [3. Aufl. 1985].$$$$

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