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Rembrandts lächelndes Altersbildnis [1924] Seit einiger Zeit hängt in meinem Zimmer, dem Arbeitstisch gegenüber, das Alters-Selbstbildnis Rembrandts. Am Ende seines Lebens hat er es gemalt. Er sitzt vor seiner Staffelei, wendet sich nach vorn und lächelt. Ein zerfurchtes, zerwühltes Gesicht. Viele Jahre hat er gelebt. Hat nach allem gegriffen, was begehrenswert war; hat in einem reichen Heim viel köstliche Habe aufgehäuft; ist zu hohen Ehren gelangt, und dann hat er alles verloren, und arm sterben müssen. Und dies Leben war eines Schaffens voll, so stark und groß, daß einem zu Mute wird, als stiegen Urkräfte hindurch. Nun ist er alt und schaut ins Leben her. Er hat keine Illusionen; dem Gesicht da macht keiner mehr etwas vor. Er hat hinter vieles gesehen und es leer gefunden. Er hat manchen Becher getrunken, und der Rest hat ihm sehr bitter geschmeckt. Aber er lächelt. Es sieht ja ein bißchen nach einem Grinsen aus, das Lächeln. Aber er kanns doch! Und vor sich, auf die Leinwand, setzt er eine kraftvolle Gestalt voll gehaltener Würde. Das soll wohl etwas gelten, nach solchem Leben dieses Lächeln, und dazu die Gestalt auf der Staffelei! Wie ist das Bild gemalt! Mit wahrhaft königlicher Meisterschaft! Alle Einzelheiten weg; all die feinen Köstlichkeiten. Ganz einfach. Doch alles lebt darin. Es spannt; es zuckt; es wühlt. Farbenstrich neben -strich; Fleck an Fleck gehauen. Seht euch den Ausschnitt an auf unserem Bild. - Und denkt dabei nicht an so manche expressionistische Sudelei! Es ist der Rembrandt, der die Scharwache gemalt hat, und den Verlorenen Sohn! - Aber groß ist das Ganze. Die Einfachheit eines Felsenberges ist darin. Immer größer wird mir das Bild! Von philosophischen Büchern, aus theologischen Gedankengängen heraus habe ich hinaufgesehen. Aus Fragen des Tages | ||
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