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1.4.43 Das Letzte ist unerkennbar und bleibt es. Was die Kraft, der Stoff, das Leben, das Naturgesetz usw. sind, weiß man nicht und wird es nie wissen. Das ist nicht mit Bedauern, sondern mit Ehrfurcht gesagt. Das Wesen dieser Dinge ist grundsätzlich verschlossen. Die voranschreitende Erkenntnis ändert nichts daran. Sie nimmt von der Unerkennbarkeit nur die Bilder weg und macht sie nackt. Von der Krankheit hat man früher gesagt, eine böse Macht wirke sie, oder sie sei eine Prüfung Gottes; hat gebetet, gepflegt, gelitten, vielleicht auch gezaubert und mit alledem sich auf das Unerkennbar-Heilende bezogen. Die Kranken sind gesund geworden oder auch nicht; der Endertrag aber, das Verhältnis zum Sinn des Daseins, war größer. Heute erforscht man immer genauer die Mechanismen des Krank- und Gesundseins; werden aber die Menschen im ganzen gesünder, wenn man all die Schädigungen, welche Medizin und Chemie am Ganzen des Lebens anrichtet, hinzunimmt, die Tatsache, daß der Mensch dabei der Willkür des anderen Menschen ausgeliefert wird? Es scheint nicht, eher im Gegenteil. Dabei bleibt das Letzte, »das Leben«, der Lebenswille genauso unerkennbar; aber die weisenden, deutenden, helfenden Bilder sind verloren. Ostersonntag 1943 Das Ein und Alles der christlichen Ethik und Lebenshaltung ist die Liebe, sicher. Aber »Liebe« ist ein Inbegriff. Erfordert und verheißt alles, kann aber nicht ohne weiteres verwirklicht werden, ebensowenig wie »das Gute«. Er bedarf der Interpretation, und da gibt es eine Reihe von Wertgruppen, durch die das wirksam geschehen kann. Zum Beispiel: Liebe ist Gehorsam, Treue, Arbeit, Sorgfalt ... Oder: Liebe ist Aufmerksamkeit, Bereitschaft, Geduld, Stille ... Oder: Liebe ist das Sehen des Nächsten, Gerechtigkeit, Güte ... Alles schlichte Begriffe, die aber zur Verwirklichung führen. | ||
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