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Über Sozialwissenschaft und Ordnung unter Personen I. Sozialwissenschaft beschäftigt sich mit dem Zusammenleben der Menschen. Sie stellt die Tatsache fest: Einzelwesen sind einander räumlich nahe; ihre Lebensäußerungen wechselseitig bezogen; Dasein und Tun des Einen hat Bedeutung für Dasein und Tun des Andern; vorübergehende oder dauernde Verhältnisse des Verbandes und der Tätigkeit bestehen zwischen ihnen usf. Diese Beziehungen nun sind nicht zufällig, sondern auf Grund von Sinn und Regel aufgebaut; es sind "Ordnungen". So hat Sozialwissenschaft nach den Ordnungen im Zusammenleben der Einzelnen zu fragen; struktureller wie funktioneller Art; für die Form des Verbandes wie für die Art des Wirkens. Das Problem einer Ordnung unter Einzelwesen wird nun der Wissenschaft auch sonst von der Erfahrung gestellt. So haben schon Chemie und Physik die Frage zu beantworten, wie die materiellen Einheiten zu höheren Gebilden zusammengefügt sind; etwa im Molekül oder im Kristall. Die Biologie untersucht, wie Zellen den Verband des Organismus bilden. Hier handelt es sich um wirkliche Ordnung; jedoch nur im uneigentlichen Sinne um "Ordnung unter Einzel-Wesen". Denn wir haben es noch nicht mit Individuen zu tun, das heißt mit Wesen, die nach Bau, Wirksamkeit und Zweckbeziehung in sich geschlossen sind; sondern nur erst mit Teil-Elementen eines Ganzen, die außerhalb von diesem keinen selbständigen Sinn haben. Der sozialwissenschaftlichen näher liegt jene Frage, die der Biologie aus dem tierischen Zusammenleben erwächst. Denken wir etwa an Kolonien oder Herden; oder, für unsere Frage besonders bedeutungsvoll, an einen Ameisen- oder Bienenstaat. Hier haben wir selbständige, lebendige Einzelwesen; Individuen, die mit ihrem ganzen Dasein in einem sie übergreifenden dauernden | ||
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