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haben sich während des Krieges mäuschenstill zu verhalten, sonst würde ihnen der von Herrn Chamberlain so überzeugend geschilderte englische Nationalismus sofort klarmachen, in was für einem Lande sie sich befinden. (...) An einer anderen Stelle sagt Herr Chamberlain: »Allbekannt sind heute die Verdienste der sechs großen Wirtschaftsverbände - und wäre es auch nur aus den hysterischen Beschimpfungen des ?Berliner Tageblattes?. Selbst innerhalb des Hansabundes, der seinem mehr phönizischen als hanseatischen Rufe gemäß abseits blieb, haben sich deutsch empfindende Minderheiten stark bemerkbar gemacht.« Es kommt vor, daß jemand sich durch sein Gewissen gezwungen fühlt, das Vaterland seiner Geburt zu verleugnen und (zu) dessen Feinden zu treten. Sicherlich ist dies eine der schwersten Prüfungen, die dem Menschen zu ertragen beschieden sein kann. In einem solchen Falle scheint es uns das Natürliche zu sein, daß man, während die Geschütze donnern, mit verhülltem Angesicht - schweige. Wenigstens war dies deutsches Empfinden, bevor Herr Houston Stewart Chamberlain auf dem Markte stand und verkündete, was Deutsch sei. 64. Brief vom 22.07.1916, Mainz. (auch 24.07.1916) Mainz 22.7.16. Lieber Josef bin wieder im Dienst.*528 Mir ists recht schwer zu mut, fast so wie damals, als ich von W. gen Freiburg fuhr. Wenn nichts ganz Unerwartetes dazwischen kommt, geht Mutter fort.*529 Das Gesuch an die Polizei um Ausreiseerlaubnis ist bereits geschrieben. Vater wünscht es so, und es ist wohl auch das beste. Auch wenn eine Zuspitzung der Verhältnisse die Mutter materiell nicht viel belasten würde, so hast Du sie nun doch genug kennen gelernt, um zu wissen, wie schwer sie seelisch darunter leiden würde. Die letzte Woche hat sie arg mitgenommen. Vielleicht tut 528 Als Kaplan in St. Emmeran, Mainz. 529 Tatsächlich reiste Paola Guardini zu ihrem Mann nach Zürich, Siriusstr. 6, und kehrte erst im September 1919 mit ihm wieder zurück; vgl. die folgenden Briefe. | ||
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